Verhandlungskultur – Ist interkulturelle Kompetenz lernbar?
Kultur in Verhandlungen
Mit der wachsenden Internationalisierung der Arbeitswelt steigt das Interesse an Verhandlungskultur. Grund dafür ist, dass interkulturelle Gespräche und vor allem interkulturelle Verhandlungen fast immer als schwieriger empfunden werden als solche, die im eigenkulturellen Kontext geführt werden – doch dem muss nicht so sein: die Befähigung, in unterschiedlichen Kulturkontexten erfolgreich zu kommunizieren, kann gelernt werden.
Was sind Verhandlungen?
Grundsätzlich sind Verhandlungen dynamische Kommunikationsprozesse, in denen die Beteiligten eine Vereinbarung anstreben: „Negotiation, an interparty discussion aimed at reaching agreement“(Pruitt, 1995: 101). Bei der integrativen Verhandlungsführung sucht man für eine erfolgreiche Verhandlung gemeinsame profitable Optionen und Kompromisse für alle Beteiligten (Fisher et al., 2002): „The integrative technique does not require negotiators to give in to demands madeby the other party or to sacrifice any of their own objectives“ (Carrell & Heavrin, 2007: 83).
Kognitiv gesehen, sind Verhandlungen Entscheidungsprozesse, in denen durch das Interpretieren einer bestimmten Situation spezifische Denk- und Verhaltensweisen ausgelöst werden (Pinkley & Northcraft, 1994).
Was ist Kultur?
„Kultur“ bezieht sich auf jegliche Art von Information, die von ihren Angehörigen durch soziales Lernen angeeignet wurde und die individuelles Verhalten beeinflussen kann. Somit spiegelt menschliches Verhalten von kulturellen Erfahrungen geformte Ideen, Werte, Gefühle, Strategien und Ziele wider und ist demnach untrennbar eingehüllt in kulturelle Bedeutungen, die bei keiner Begebenheit beiseite gelegt werden (Heine, 2009: 1423f). Kulturunterschiede im Verhalten entstehen, da trotz einer Regularität bei vielen psychologischen Phänomenen in allen Kulturen jedoch gleichzeitig ausgeprägte Unterschiede verbleiben: Alle psychologischen Phänomene sind verwoben in kulturellen Bedeutungen. Diese treten nicht identisch in verschiedenen kulturellen Kontexten auf, sondern sind abgestimmt auf das kulturelle Bedeutungssystem, in dem sich das Individuum entwickelt (Heine, 2009: 1425f).
Wie wirkt Kultur in Verhandlungen?
Demnach erklärt das Kulturkonzept, dass Individuen gewisse Muster und Strukturen verinnerlicht
haben, die die Interpretation kommunikativer Interaktion leiten. Die Bewertung des Geschehenen
orientiert sich dabei auf natürliche Weise und unvermeidlich an kultureigenen Werten, Normen,
Rollen etc., die als Standard verwendet werden. In Verhandlungssituationen tritt Kultur besonders
hervor (Adair & Brett, 2004) aufgrund der hohen kognitiven Belastung (Gelfand et al., 2010) sowie
des hohen Grades an Unsicherheit und gefühlter Bedrohung (Greenberg et al.,1997). Die eigene Kultur wirkt also als Filter, durch den eine kommunikative Botschaft bewertet wird (Gudykunst, 1997).
Wie kann man den Einfluss von Kultur in Verhandlungen steuern?
Interkulturelle Kompetenz ist die entscheidende Fähigkeit und ausschlaggebend dafür, um sich in Begegnungssituationen mit Menschen aus anderen Kulturen souverän verhalten zu können: einerseits kann man selbst auf verschiedene, der konkreten Situation angemessene Handlungsoptionen zurückgreifen und somit jederzeit adäquat kommunizieren; andererseits ist man befähigt, Verhalten und kommunikative Äußerungen des fremdkulturellen Gegenübers zutreffend interpretieren zu können.
Dies kann man lernen. Um die eigenen Fähigkeiten im fremdkulturellen Umgang weiterzuentwickeln bedarf es eines Zuwachses an
- vertieftem Wissen und Verständnis über die eigene sowie fremde Kultur,
- Kenntnissen über Theorien und Modelle zu Kultur und Kommunikation sowie
- praktischen Fähigkeiten, wie Kommunikationstechniken.
Der Knackpunkt ist: je offener und bereitwilliger man sich der Auseinandersetzung mit der eigenen Kultur in Bezug auf fremde Kulturen stellt, umso höher wird der Erfolg sein – und man erkennt schnell für sich, wie gewinnbringend und konstruktiv der interkulturelle Austausch eigentlich ist –
z.B in einem unserer interkulturellen Kompetenztrainings.
-Laura Wilczek