Mit Komplexität umgehen
Warum fällt es Menschen heutzutage so schwer mit komplexen Zusammenhängen umzugehen? Diese Frage beschäftigt Organisationen seit ein paar Jahren und daher versuchen sie mit Seminaren und Workshops zum Komplexitäts-Management vor allem ihre Führungskräfte im Umgang mit Komplexität zu schulen. Ist es jedoch wirklich möglich, Menschen zu einem Umschwung in ihren evolutionären Denkmustern zu bewegen?
Ursache und Wirkung
Schon unsere frühen Vorfahren dachten in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen. Wenn also der Neandertaler, die hinter dem Gebüsch vorblitzenden schwarzen und gelben Streifen (Wirkung) einem Tiger (Ursache) zuschrieb und sich davonmachte, war er gut beraten. In einem einfachen Kontext ist dies auch leicht nachvollziehbar. Ist zu Hause keine Milch vorhanden, wird sie jemand ausgetrunken haben. Wenn wir abnehmen möchten, treiben wir Sport. Aber gerade in komplexen anpassungsfähigen Systemen ist die lienare Ursache-Wirkungs-Realation nicht immer nachvollziehbar. Wenn die Verkaufszahl der E-Klasse von Mercedes Benz plötzlich drastisch einbrechen würde, könnte man dies an einer Vielzahl von Faktoren festmachen. Vielleicht gab es ein logistisches Problem mit den Zulieferern oder politische Einschränkungen durch eine
veränderte Gesetzgebung in einem der wichtigen Märkte, oder die Verkäufer in den Autohäusern streiken oder gleich alle zusammen… Vielleicht war es auch ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren aus der Vergangenheit, als Entscheidungen getroffen wurden die erst heute wirken und nun unumkehrbar sind. So verhalten sich adaptive Systeme ja bekanntlich.
Welche Faktoren behindern unseren Umgang mit Komplexität?
• Menschen tendieren dazu auf „Experten“ zu hören, auch wenn Ergebnisse noch so schwer vorauszusagen sind. Obwohl es bewiesen ist, dass Experten- Prognosen oft ziemlich dürftig sind. Eine Erklärung könnte sein, dass Menschen dazu neigen autoritäres Auftreten als glaubwürdig zu akzeptieren.
• Private Informationen werden seltener geteilt als zugängliches Material für alle. Menschen neigen dazu, einzigartige, persönliche Information für sich zu behalten, auch wenn es von Vorteil wäre dieses Wissen mit anderen zu teilen, um auf bessere Ergebnisse zu kommen. Informationsüberflutung auf der anderen Seite ist ebenso kontraproduktiv, wie die selektive Informationsweitergabe.
• Durch unser selektives Bewusstsein, machen wir Situationen und Entscheidungen oft von erfolgreichem situativem Handeln in der Vergangenheit abhängig. Die spontane Übernahme von Lösungen verhindert jedoch neue kreative Handlungsmöglichkeiten.
• Unklare Zielvorstellung und -setzung der Führungskraft verhindert die effektive Umsetzung von komplexen Problemen. Dazu gehört die unvollkommene Suche nach Alternativen und fehlendes ergebnisorientiertes Denken
“Probleme so einfach wie möglich machen, aber nicht einfacher.” – Einstein
Wenn Erkenntnis und Umgang mit komplexen Systemen effektiv genutzt wird, kann es im Managementbereich zu Verbesserungen kommen. In der Regel versuchen Führungskräfte in Organisationen kompetente Mitarbeiter anzuheuern und in Teams zu organisieren. Jedoch reicht es nicht, nur kluge Menschen zu engagieren, sondern vor allem auch solche, die anders denken und handeln. Durch kognitive Vielfalt (Erfahrung, Denkweisen, Persönlichkeit) können Teams bessere Voraussagen machen.
Wie können Teamentwickler mit Komplexität umgehen?
Für Teamentwickler ist das vielschichtige Thema rund um Komplexität eine zukunftsweisende Chance, nicht nur Resonanz auf dem Markt zu erzeugen, sondern auch um das eigene Portfolio an Interventionsmöglichkeiten und Handlungsmethoden zu erweitern. In Seminaren können Teilnehmer komplexe Zusammenhänge mit Hilfe bekannter Methoden, wie Mindmapping, Brainstorming und -writing, sowie zahlreiche andere Kreativmethoden (6-3-5, deBono, Disney) generieren. Ob es sich dabei um reale Fälle oder tatsächlich vorkommende Beispielfälle handelt ist zweitrangig. Um komplexe Zusammenhänge zu vereinfachen, können Visualisierungen, Bilder, Modelle etc. helfen. Zielsetzung ist die Reduktion und Vereinfachung auf zentrale Faktoren des Problem-Systems. Dadurch können Strategieziele überprüft, Rahmenbedingungen optimiert und Verantwortungsbereiche deutlich gemacht werden. Reale Fallbeispiele, Teilnehmererfahrungen und Simulationen, sind ein bewährtes Mittel, um Handlungsstrategien von Führungskräften für komplexe Zusammenhänge zu verdeutlichen. Teamentwickler sollten sich jedoch auch auf konkret umsetzfähige Handlungspläne fokussieren, damit die Seminarzeit sinnvoll genutzt wird und den Beteiligten Handlungsfähigkeit für kommende komplexe Situationen zu ermöglichen.
-Lorcan Carey